Die Lange Filmnacht

Die Lange Filmnacht

Tagtäglich werden wir mit Meldungen über den »ganz normalen Wahnsinn «, über Attentate, Gefahren und Katastrophen von Medien oder Politikern überfrachtet. Um den Überblick zu bewahren, versuchen wir, dem Informationsangebot mittels Regeln und Systematisierungen Einhalt zu gebieten. Dass sich daraus ebenfalls überzogene Formen eines Klassifizierungs- und Selbstoptimierungswahns ergeben können, zeigen die vielseitigen kurzen Formate, die das Festival in der Langen Filmnacht präsentiert. Die hier zusammengestellten Kurzfilme greifen das Festivalthema WAS TUN in oft humorvoller, aber auch nachdenklich machender Weise auf.
Attentate verbindet scheinbar wahllos Morde an öffentlichen Personen zu einer assoziativen, modellhaften Collage, während Quest’estate le zanzare sarrano più cattive die sensationshungrige Presse direkt dafür verantwortlich macht, die Angst in uns zu säen. Von lebensnahen Tipps für ein optimiertes Zeit- und Selbstmanagement in Time’s Up über Maßnahmen zu einer Art »umgekehrter Gentrifizierung«, die ein Stadtviertel so verwahrlosen lässt, dass es wieder attraktiv für den schmalen statt den vollen Geldbeutel wird (Abwertungskit), bis zu den Problemen einer aus dem Tritt gekommenen jungen Frau in einer beschleunigten Welt in Dissonance reicht das Spektrum der Beiträge, die sich für ein anderes Zusammenleben einsetzen und unsere Versuche der Einordnung und Abgrenzung, die selbst Märchenfiguren in ein System pressen wollen (Real Snow White), manchmal sehr lächerlich erscheinen lassen. Drei der Filme finden sich in den Beschreibungen der Programmreihen Urban Landscapes (Abwertungskit) und Wer sich nicht wehrt (Roma Boys und Nr. 1 – Aus Berichten der Wach- und Patrouillendienste). Eingeleitet wird die Lange Filmnacht von einem besonderen Highlight: der Comic-Lesung aus Potential von und mit Ariel Schrag.

_Sonja Hofmann