Panorama

Panorama

Für alle Längen und Genres offen, erhebt das Panorama nicht den Anspruch eines repräsentativen Überblicks. Zu sehen ist vielmehr eine aktuelle Auswahl von rund 40 herausragenden Produktionen: Vom experimentellen Kurzfilm bis zum langen Spielfilm wird das aktuelle Filmschaffen von Frauen abgebildet, dabei fühlen wir uns immer einem künstlerischen Ansatz verpflichtet, der über das blanke Erzählen einer Geschichte hinausweist. Oft sind es eher gesellschaftliche Stimmungen, die uns die Regisseurinnen anbieten. In diesen Filmen werden Mikrokosmen entworfen; häufig sind es verstörende Einblicke, die – Seismographen gleich – auf emotionaler Ebene Aufschluss über unsere gestörten gesellschaftlichen Befindlichkeiten geben. Man bekommt eine filmische Einladung, die Welt durch die Hintertür betrachten zu dürfen. Das Element der Krise wird in den Spielfilmen oft in persönlichen Abgründen thematisiert (Francine, The Off Hours, Code Blue). In diesem Jahr haben sich Regisseurinnen im Erzählfilm dabei wieder verstärkt für Frauenfiguren interessiert. Diesen Protagonistinnen wird auch von ihren männlichen Partnern kein Ausweg geboten, der Halt bieten kann. Beziehungen sind kaum noch möglich, die Figuren sind auf sich selbst zurückgeworfen und wirken irritiert durch eine diffuse Perspektivlosigkeit. Das Politische wird aber nicht nur im Privaten verhandelt. Xiaolu Guo gelingt mit UFO in Her Eyes eine Gesellschaftssatire, die die ganze Absurdität und das Heilsversprechen des globalisierten Kapitalismus entlarvt und dennoch Raum lässt für einen utopischen Ausbruch. Eine weitere Nuance dieses Themas eröffnet How to Pick Berries, der pointiert die globalisierten Strukturen aufdeckt, die zu einem Streit rund um Blaubeeren in einem finnischen Dorf führen.
Durch Filme auch im übertragenen Sinne an Orte zu gelangen, die wir selbst nie entdeckt hätten, verdanken wiroft dem Engagement von Dokumentarfilmer_innen. In L’Hypothèse du Mokélé-Mbembé ist es der Dschungel im Südwesten Kameruns, in dem gleichsam ein Spannungsfeld zwischen rationaler Wissenschaft und mythologischem Glauben aufgemacht wird, wobei die Rollen nicht unbedingt klar verteilt sind. Tatiana Huezo Sánchez geht mit Kamera und Tonbandgerät nach El Salvador in das Dorf ihrer Großmutter. Viele Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs, gelingt ihr in El lugar más pequeño eine zutiefst menschliche und lebensbejahende Auseinandersetzung mit den traumatischen Ereignissen des Krieges. Was als ethnographische Beschreibung der Frauen des Kalash-Stammes angelegt ist, bekommt in Oi Nymfes Tou Hindu Kush eine unvorhergesehene Wendung, in der griechische Aktivisten, Taliban und Kalash interagieren. Wenige Regisseurinnen wählen in der dokumentarischen Arbeit einen solch radikal persönlichen Ansatz, wie Britta Wandaogo in Nichts für die Ewigkeit, und doch weist ihr Film über das Leben mit dem Bruder weit über die Banalität des Alltäglichen hinaus. Der polnische Dokumentarfilm, dem das Panorama einen kleinen Schwerpunkt mit Kurzfilmen widmet, besticht durch seine atmosphärisch dicht erzählten Geschichten mit großem Respekt und Liebe für die Protagonist_innen. Ein Programm ist experimentellen Kurzfilmen gewidmet, die mit Tanz und Performance Räume jenseits von gängigen narrativen Erzählstrategien öffnen. Und last but not least empfiehlt sich die lange Kurzfilmnacht mit formaler Vielfalt, die ihresgleichen sucht, darunter Portless, dem Preisträger des chilenischen Frauenfilmfestivals, »Femcine«.

_Betty Schiel

In Free Fall

Hito Steyerl

DE
2010
Dokumentarfilm
32’

Ein Flugzeugschrottplatz in der kalifornischen Wüste. Am lukrativsten ist die Vermietung für Filmdrehs. Wie die Statements des Schrotthändlers durchzieht auch […]

In Our Own Hands

Mariana Otero

FR
2010
Dokumentarfilm
87’

»Es handelt sich um eine Art politischer und ökonomischer Komödie, mal ernst, mal heiter.« – Mariana Otero Die Wäschefabrik Starissima […]

KwieKulik

Joanna Turowicz, Anna Zakrzewska

PL
2011
Dokumentarfilm
48’

Auf dem Gipfel ihrer Karriere angelangt, entscheidet sich Zofia Kulik, ihre künstlerische Arbeit aufzugeben, um sich mit ihrem Lebens- und […]

Lucky Seven

Claudia Heindel

DE
2011
Spielfilm
26’

Drei Jungs in Nordirland auf der Schwelle zum Erwachsenwerden: Einer, der außer Kontrolle gerät, um das Leben zu spüren. Ein […]

Magma – No. 1 from 8

Rannvá Káradóttir und Marianna Mørkøre

FO
2010
Experimentalfilm
5’

Magma ist der erste Teil von Cycle, einer Reihe experimenteller Kurzfilme, die das Phänomen der Bewegung untersuchen. Die Aufnahmen entstanden […]

Monster Attack

Milja Viita

FI
2010
Experimentalfilm
2’

Kenianische Kinder spielen in einem Bambuswald, als die harmonische Atmosphäre plötzlich gestört wird …

München – Teheran

Narges Kalhor

DE
2011
Dokumentarfilm
19’

»Meine Freunde und meine Familie zeigen mir mit der Webcam die Orte aus Teheran, mit denen ich schöne Erinnerungen an […]

Nekropolis

Kerstin Gramberg

DE
2010
Animationsfilm
3’

Nekropolis – eine Stadt, die sich als eigenständiger Organismus rhythmisch zwischen Konstruktion und Dekonstruktion bewegt.

Nichts für die Ewigkeit

Britta Wandaogo

DE
2011
Dokumentarfilm
81’

»Meine erste Videokamera 1993. Dirk und ich sitzen im Bett und filmen uns gegenseitig. Ich sage zu ihm: ›Ich bin […]

US
2011
Musikvideo
6’

Jennifer Reeders Musikvideo zeigt zwei 13-jährige Mädchen, die als Black Metal Brides gekleidet zu einem Mash- Up aus Nirvanas Smells […]

Ridestar

Hannaleena Heiska

FI
2010
Experimentalfilm
3’

Ridestar beginnt mit einem Bild, das an eine leere, karge Landschaft erinnert. Die Kamera bewegt sich in Detailaufnahmen über den […]

Suzzanna van Osch

Katharina Duve

ID / DE
2020
Dokumentarfilm, experimenteller Dokumentarfilm, Kurzfilm
11’

Ausgehend von der These, dass Biografien ständig im Fluss sind und per se Widersprüche in sich vereinen, spürt der Film […]