begehrt! – filmlust queer

begehrt! – filmlust queer

Waffenmetaphern

Unzählige Videos mit Titeln wie »Shit, straight girls say to lesbians« oder »Shit, white girls say to black girls« und andere kursieren seit einiger Zeit auf Videoplattformen im Netz. Es geht um rassistische, sexistische Alltagssprüche, die in den kurzen Filmen nachinszeniert, bloßgestellt und parodiert werden – aufgegriffen von denen, die sich damit konfrontiert sehen. Die Waffe ist so simpel wie effektiv: Wiederholung und Aneignung – eine kleine Art und Weise zurückzuschießen. Die Videos stehen Verletzungen gegenüber, sie sind auch auf der Plattform selbst im Kontext von »Shit someone says« von ihnen gerahmt.
Sie entstehen in einer Zeit, in der feministische und queere Interventionen noch immer nicht selbstverständlich als gesellschaftliche Notwendigkeit angesehen, sondern vielfach belächelt oder schlicht abgetan werden.

Gesellschaftspolitisch befinden wir uns in einer Zeit, die nach einer Stellungnahme des Ethikrats zur Situation intersexueller Menschen in Deutschland verlangt; in der in Uganda Gesetze zur Einsetzung der Todesstrafe für Homosexualität vorgelegt werden, in Deutschland rassistische Morde lange Zeit nicht als solche wahrgenommen worden sind. In St. Petersburg steht »homosexuelle Propaganda« unter Strafe, in vielen Ländern sind Queer Prides nur unter Polizeischutz möglich, Aktivisti_nnen von Gewalt bedroht. Solche Zustände erfordern radikale Gegenmaßnahmen, viel Öffentlichkeit für das, was geschieht, Bündnisse, wie sie Judith Butler fordert, und Menschen, die sich einsetzen: auf Straßen, in Blogs, vor Gerichten oder indem sie Filme machen und eine Position beziehen.

Die Arbeit derjenigen, die diese Filme machen, sichert ihnen nicht unbedingt den Lebensunterhalt. Was sie tun, ist Konsequenz einer radikalen Entscheidung. Dass ihre Filme über die Kinoleinwand ein Publikum finden und zugänglich sind, ist auch den weltweiten Queerfilmfestivals zu verdanken. Viele dieser Festivals basierenauf ehrenamtlichem Engagement der Organisator_innen, einige von ihnen fürchten um ihr Fortbestehen, manche können, um staatlicher Repression zu entgehen, nur im Geheimen stattfinden. Dass sie weiter stattfinden und ihre Arbeit nicht aufgeben, ist eine weitere Form, sich entgegenzusetzen.

Auf der diesjährigen Berlinale berichtet Wieland Speck erneut von der Einrichtung einer Queer Academy, eines Portals, das Informationen einer queeren Filmgeschichte sammelt, sortiert und verfügbar macht, Erzählungen bewahrt. Diese Erzählungen bestehen aus vielfach verschiedenen Perspektiven, Erfahrungen und Strategien. Filme und ihre Archive können, obschon sie nie ein einheitliches Wir abbilden, ein gemeinsames Ringen gegen zementierte Normen bezeugen, dem Suchen nach Vorbildern und Ideen Vorschub leisten und dem Vergessen Einhalt gebieten. Namen der Schlachten, die seit Jahren mit Filmen geschlagen werden, sind immer noch auch Sichtbarkeit und Alternative.

Die Strategien der Filme des diesjährigen Programms und die Geschichten, die sie schließlich ins Licht rücken, sind heterogen. Madeleine Olnek verschreibt sich – gegen die Härte der Welt – der Komödie, Barbara Hammer und Gina Carducci widmen sich dem Material und dem Bewahren im Sinne einer gemeinsamen Geschichte aus zwei Perspektiven; Phoebe Hart ist in ihrem autobiographischen Roadmovie auf der Suche nach intersexuellen Menschen, die die eigene Erfahrung teilen, um das in der Familie erlebte Schweigen für sich und andere zu durchbrechen. Françoise Doherty erzählt Liebesgeschichten in Stop Motion mit Hasen, Kettensägen und wunderschöner Musik, auch um den eigenen Töchtern etwas gegen Homophobie an die Hand zu geben. Heute noch sind all diese Filme kleine Interventionen und ihre Filmemacherinnen mutig genug, sie zu realisieren.

_Natascha Frankenberg

CA
2010
Kurzfilm
6’

The Not so Subtle Subtext untersucht Sarah Rotella die Fernsehserie Xena: Warrior Princess daraufhin, ob zwischen den beiden Figuren Xena […]

The Queer Umbrella

Rosa Middleton

GB
2010
Animationsfilm
2’

The Queer Umbrella ist ein animierter Kurzfilm, der die Frage beantwortet, was das Wort queer in der heutigen Zeit bedeutet.

Unzeitgemäße Betrachtungen zu queeren ästhetischen Strategien Ein Vortrag von Antke Engel Vom Begehren bewegte Bilder, Disidentifikationen, welche auf ungehörige Weise […]

Was mann ist

Sarah Brömmel, Jana Hanrieder and Katharina Grote

DE
2010
Dokumentarfilm
35’

»Wichtig ist, ob jemand sich gefunden hat, herausgefunden hat, was er ist und es geschafft hat, dann so zu leben, […]

Yes, We Are

Magda Wystub

PL
2010
Dokumentarfilm
69’

»Berlin, April 2006: Auf einer von mir organisierten Veranstaltung zur aktuellen Situation von Lesben und Schwulen in Polen fragt eine […]