Kuratorin: Panorama
»ICH MAG ES WIRKLICH GERNE, IN MEINEM NEST ZU BLEIBEN UND MICH NICHT ZU BEWEGEN.
ICH REISE IN MEINEN GEDANKEN, UND DAS IST FÜR MICH EINE SEHR TIEFGREIFENDE ART ZU REISEN.«
BELL HOOKS
Ich muss Sie enttäuschen: Eine Übersicht über die internationale Filmlandschaft, die der Name Panorama verspricht, erhalten Sie hier nicht. Denn der Anspruch auf eine Übersicht setzt einen eurozentrischen Blick voraus, dem sich das Festival widersetzt. Abgesehen davon ist sowieso klar: Keine kann mehr von sich behaupten, dass sie den Über-, geschweige denn Durchblick hat. Die Welt steht auf dem Kopf und anstatt etwas über »andere« Kulturen zu lernen, wollen wir erst einmal auf den eigenen Teller schauen. Wir nehmen das vermeintlich Vertraute unter die Lupe und siehe
da: Ein anderes Panorama tut sich auf.
Es ist wichtig, sich in diesen Zeiten zu positionieren. Auch gut gemeintes Interesse am Anderen kann schnell zu einer falschen Freundin werden. Die brillante afroamerikanische Feministin bell hooks formuliert es mit ihrem typisch spitzfindigen Humor:
»How do we distinguish between the kind of awareness of imperialist white supremacist capitalist patriarchy […] and the kind of ›Eat Pray Love‹ imperalism that is still seeing the other as a resource to enhance you?«
Mit anderen Worten: Interesse gerne – aber nicht ohne Positionierung. Um dies zu erreichen, haben wir uns bei der Sichtung der im Panorama eingereichten Filme drei Fragen gestellt: Blickt dieser Film auf das Heute mit Rückgriff auf das Gestern, das heißt, verortet er sein Thema im Kontext der Geschichte? Sind die Ansätze diversgesellschaftlich? Und last but not least, bietet er eine kluge Analyse aktueller gesellschaftlicher Diskurse? Daraus folgt: Lenkt man den Blick vor die eigene Tür, wird die Sicht auf einmal ganz weit.
In den Langfilmen geht es immer wieder um eine Figur, die sich transnational verschiebt: entweder vom Geburtsland Deutschland weg (Out of Place) oder von der Heimat nach Deutschland (In the Name of Scheherazade oder der erste Biergarten in Teheran) oder die konstant international bleibt (Walchensee Forever). Zustand und Gelände – auch dieser Titel des minimalistischen Experimentalfilms über die blinden Flecken deutscher Erinnerungskultur benennt, worum es in dieser Sektion geht: Verortungsprozesse. Der Dokumentarfilm Die Dohnal – Frauenministerin / Feministin / Visionärin über Österreichs erste Frauenministerin Johanna Dohnal steuert der Debatte politische Aspekte bei und dient gleichzeitig als Vorbild: Gerade in den letzten Jahren zeigten österreichische Regisseurinnen immer wieder wirksame Modelle des (filmischen) Widerstands auf.
Konzept anstatt Überblick, dieses Motto zieht sich auch durch die Kurzfilmprogramme: The Magical Dimension: Bilder aus dem Off verspricht Einblicke in andere Dimensionen. In Performing Power fragen Experimentalfilme nach Machtgefügen und -dynamiken. Frei nach bell hooks’ Idee »If you can buy shoes together, you can do politics together!« verbinden sich Humor und Kritik in der Langen Filmnacht, die wieder ein Highlight der Sektion Panorama ist.
Maxa Zoller
Kuratorin: Panorama
Marieke Steinhoff arbeitet als freie Filmkuratorin für das Internationales Frauen Film Fest Dortmund+Köln. Sie studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik und Ethnologie an der Universität in Köln und in Rom. Während ihres Studiums schrieb sie als freie Autorin für Schnitt – Das Filmmagazin, wo sie anschließend auch als Chefredakteurin tätig war. Außerdem übernahm sie für zwei Jahre die Organisatorische Leitung von Filmplus, dem Forum für Filmschnitt und Montagekunst in Köln. Seit 2013 ist sie für die ifs internationale filmschule köln tätig, wo sie u. a. das Lehrgebiet Film- und Medienwissenschaften koordiniert. Sie ist zudem mit beteiligt an der Film- und Veranstaltungsreihe »ifs-Begegnung« sowie der filmhistorischen Reihe Filmgeschichten im Filmforum NRW im Museum Ludwig. In ihrer kuratorischen Arbeit beschäftigt sich Marieke mit Fragen von Filmkulturerbe und Kanonisierung, Archiven und Diversität sowie dem jungen deutschen Film.
»Zurzeit stehen sich Hoffnungen auf Veränderung und neuer Antifeminismus und Rassismus gegenüber. Sich hierzu zu verhalten, immer auch mit Blick auf die (Film-)Geschichte, ist für mich Aufgabe des IFFF Dortmund+Köln. Filme zu zeigen, die eingreifen in starre Dichotomien, die Ambivalenz und unterschiedliche Meinungen und Lesarten zulassen und Utopien für eine gerechtere Gesellschaft formulieren, ist dabei Luxus und Notwendigkeit in einem – und das Kino für mich nach wie vor der schönste Ort, um gemeinsam zu diskutieren und zu träumen.«
Sabine Derflinger
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Janna Ji Wonders
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