Internationaler Spielfilmwettbewerb für Regisseurinnen

Internationaler Spielfilmwettbewerb für Regisseurinnen

Die Zahl der Filme in der Vorauswahl für den Spielfilmwettbewerb ist in diesem Jahr noch einmal gestiegen, 69 Spielfilme aus fast 40 Ländern wurden eingereicht. Ein deutliches Zeichen für den wachsenden Bekanntheitsgrad und das Renommee dieses in Deutschland einmaligen Preises in Höhe von 25.000 Euro, mit dem ausschließlich Regisseurinnen ausgezeichnet werden. Die Wettbewerbsauswahl stellt auch in diesem Jahr wieder einen wichtigen Ausschnitt aus dem großen Schaffen internationaler Spielfilmregisseurinnen vor. Das Festival präsentiert Regisseurinnen, die nach viel beachteten Debüts dem Erwartungsdruck standhalten und interessante Folgefilme präsentieren, aber auch Filmemacherinnen, die es im hart umkämpften Markt über Jahre hinweg geschafft haben, ein konsistentes und anspruchsvolles Oeuvre aufzubauen.

Acht Filme können nicht repräsentativ sein. Doch wenn mit Stella und Les bureaux de Dieu (God’s Offices) zwei Filme aus Frankreich vertreten sind, ist dies durchaus Ausdruck dessen, wie stark und produktiv die französischen Regisseurinnen im internationalen Vergleich sind. Eine Situation, die auch der immer noch exzeptionellen französischen Filmförderung zu verdanken ist. Zwei Arbeiten – Liu lang shen gao ren (God Man Dog) aus Taiwan und der chinesische Beitrag  Niu lang zhi nu (Knitting) – stehen stellvertretend für die Vielzahl formal, ästhetisch und inhaltlich interessanter und innovativer Filme, die seit mehreren Jahren aus Asien auf unseren Festivals und manchmal auch in den Kinos zu sehen sind. Sie erzählen auf ganz unterschiedliche Weise vom Straucheln, in das ihre Protagonisten in den Metropolen einer globalisierten Welt geraten.

Léa Pools neuer Film Maman est chez le Coiffeur (Mommy Is at the Hairdresser’s) ist die bildgewaltige, tragikomische Schilderung eines Sommers, der nur in der Kindheit so unendlich lang und flirrend sein kann. Sie dient der kanadischen Regisseurin als Folie vor der sie mit großer Kunst von Homosexualität, Emanzipation und den Vorboten der 68er Umwälzungen erzählt. Ähnlich präzise arbeitet Sylvie Verheyde, die in Stella die wilden 70er Jahre ihrer eigenen Kindheit evoziert und dabei Fragen von Klassenzugehörigkeit und Bildungschancen aufwirft.

Älter sind die Protagonistinnen in Kelly Reichardts Wendy and Lucy und in Děti Noci (Night Owls) der Tschechin Michaela Pavlátová. Doch leichter haben es diese jungen Frauen nicht. Die US-Amerikanerin lässt ihre Wendy auf der verzweifelten Suche nach einem Job und einer Existenz im mittleren Nirgendwo hängen und liefert eine lakonische Studie über den amerikanischen Traum. Pavlátová, die vor Jahren bereits ihre ersten Kurzfilme in Dortmund präsentierte, erzählt von der merkwürdigen Lethargie ihrer Protagonistin Ofka vor dem Eintritt ins Erwachsenendasein. Diese Weigerung, Entscheidungen zu treffen und auszuhalten, ist auch eines der Themen in Maren Ades Kammerspiel der Liebe und Geschlechterrollen, das sie in Alle Anderen mit großartigen
Darstellern inszeniert.

_Stefanie Görtz

Jury

Maria von Heland

Maria von Heland

Maria von Heland ist Autorin und Regisseurin. Die in Berlin lebende Schwedin schrieb das Drehbuch zu Kai Wessels Hilde, der gerade seine Premiere feierte. Zu ihren bekanntesten Arbeiten unter eigener Regie zählen Suddenly Gina (Frühstück mit einer Unbekannten, 2007), Big Girls don’t Cry (Große Mädchen weinen nicht, 2002) und Recycled (1999). Maria von Heland wurde 1965 in Stockholm geboren. Neben einem Journalismus-Studium am Rider College in Lawrenceville besuchte sie Schauspielkurse in New York und Paris. Später studierte sie in Los Angeles an der School of Film and Video des California Institute of the Arts und an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolff« in Potsdam-Babelsberg. Bereits ihr erster Kurzfilm Chainsmoker (1997) wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Friedrich-Wilhelm-Murnau-Kurzfilmpreis. Von Heland arbeitete für das schwedische Fernsehen und als Drehbuchentwicklerin für Produktionsfirmen in Schweden und den USA. Derzeit bereitet sie ihr neues Spielfilm-Projekt Hector’s Journey nach dem Roman von François Lelord vor.

Paola Paoli

Paola Paoli ist Medienwissenschaftlerin, Kuratorin, Mitbegründerin des Laboratorio Immagine Donna und Leiterin des seit 1979 von dieser Vereinigung organisierten Internationalen Frauenfilmfestivals Florenz. Seit 2005 ist sie zudem
für die italienische Sektion des Festivals für Filmemacherinnen aus mediterranen Ländern verantwortlich. Nach ihrem Abschluss in Philosophie und Geschichte war sie als wissenschaftliche Assistentin in den Bereichen Audiovisuelle Medien und Theorie der Massenkommunikation tätig und an mehreren Forschungsprojekten beteiligt. Paoli ist Dozentin für das Gebiet Frauen und Film an der Universität Florenz.

Franziska Petri

Die Schauspielerin Franziska Petri wurde auf der Berlinale 2009 im Rahmen der Perspektive Deutsches Kino als Beste Darstellerin ausgezeichnet – für ihre Rolle in Für Miriam, einer Low-Budget-Produktion des Regiestudenten Lars-Gunnar Lotz. Bereits während des Studiums an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin spielte sie erste Fernsehhauptrollen. In Michael Gwisdeks Das Mambospiel (1998) gab sie ihr Kinodebüt. Ihren Durchbruch hatte sie 2000 mit Vanessa Jopps Film Vergiss Amerika, der den Bayerischen Filmpreis sowie zahlreiche andere Auszeichnungen gewann und für den Deutschen und Europäischen Filmpreis nominiert war. Das diesjährige Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln präsentiert in seiner Sektion Weder glatt noch gefällig ihren aktuellen Film: Das RAF-Drama Schattenwelt (2008) von Connie Walther.