Ich denke oft an Hawaii

Ich denke oft an Hawaii

Elfie Mikesch

DE
1978
Spielfilm
85’
Fokus

»Ruth R. ist eine Frau von 42 Jahren. Ich lernte sie vor Jahren kennen, als ich nach Berlin kam. Sie wurde eine Nachbarin, die ich selten sah. Ihre Kinder Carmen und Tito spielten jeden Tag im Hof. Sie waren sehr scheu, besonders das Mädchen. Carmen war damals etwas Besonderes durch ihr exotisches Aussehen. (Damals gab es hier noch wenige türkische Arbeiter.) Die Kinder hatten einen puerto-ricanischen Vater, der Berufssoldat war und 3 Jahre mit Ruth zusammenlebte.
Vor ungefähr einem Jahr fiel mir bei Carmen auf, wie sehr sie sich verändert hatte. Ihr früher zarter Körper war riesig geworden, ihr Mund aber nicht mitgewachsen. Klein wirkte er im Gesicht mit den großen Augen, stand wie ein Zeichen für Carmens Zurückhaltung und für ihre Sprachlosigkeit. Ich kam auf die Idee, mit Carmen einen Film zu machen, über ihren Alltag und ihre Träume. Sie war jetzt knapp 16 Jahre alt. (…)
Mit 16 wollte Ruth auswandern. Sie arbeitete damals am Fließband in einer Knopffabrik. Beim Tanzen lernte sie Roberto aus Puerto-Rico kennen. Er versprach, ihr die Welt zu zeigen, verließ sie aber, nachdem sie zwei Kinder von ihm hatte, ohne ein Wort. Er ließ Postkarten und eine Schallplatte mit Hawaii-Musik zurück. Ruth arbeitet heute als Putzfrau.
(…)
Carmen träumt von einem Land mit viel Sonne.
Carmen sitzt in ihrem Zimmer. Tito sitzt in seinem Zimmer.
Die Mutter hat kein Zimmer.
(…)
Das Problem, keine Probleme zu haben, da man sich ihrer nicht bewußt ist, darunter aber auf eine unbestimmte Weise doch leidet, ist Mittelpunkt des Films.«
– Elfie Mikesch

Filmreihe Always Together

Regie / Buch / Bildgestaltung

Elfie Mikesch

Montage

Elfie Mikesch, Elfi Tillak

Ton

Jürgen Jensen

Produktion

Oh Muvie, Laurenz Straub

Kontakt

Arsenal – Institut für Film- und Videokunst e. V

Elfie Mikesch

Elfie Mikesch wurde 1940 in Innsbruck, Österreich, als Tochter eines Filmvorführers geboren. Nachdem sie eine Fotoausbildung absolviert hatte, kam sie 1966 gemeinsam mit Rosa von Praunheim nach Berlin. 1971 entstand ihr Kurzfilm Charisma und auf einer Weltreise mit Rosa von Praunheim der Film Leidenschaften, für den sie die Kamera führte. In den 1980er Jahren machte sie sich einen Namen als Experimentalfilmerin und führte selbst Regie. Währenddessen arbeitete sie als Kamerafrau mit Regisseuren wie Werner Schroeter, Rosa von Praunheim, Peter Lilienthal oder Monika Treut zusammen. Gemeinsam mit Treut gründete sie 1984 die Firma Hyäne/Hyäna Film mit Sitz in Hamburg.


Filme von Elfie Mikesch (Auswahl)
Fieber 2014 | Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter 2012 | Zisternen – Istanbuls versunkene Paläste 2008 | Hahnemanns Medizin 2006 | Verrückt bleiben – Verliebt bleiben 1997 | Soldaten Soldaten 1994 | Marocain 1989 | Verführung: Die grausame Frau 1985 | Das Frühstück der Hyäne 1983 | Die blaue Distanz 1983 | Was soll’n wir denn machen ohne den Tod? 1980