Faruk
Faruk
Aslı Özge
Das Gesicht eines alten Mannes. Er folgt den Anweisungen aus dem Off: »Schau uns lange an, ohne dich zu bewegen.« Es ist der Vater der Regisseurin, das erzählen die ersten Testbilder, auf denen er mit freiem Oberkörper und mit fragender Verschmitztheit posiert. Als er den Blick direkt auf uns richtet, stellt sich eine Vertrautheit ein, die den ganzen Film über bleibt.
Dem Wohnblock in Istanbul, in dem Faruk seit Jahrzehnten lebt, droht der Abriss. Sein sturer Widerstand bei den Sitzungen der Gebäudeverwaltung und die Krise, in die ihn das Unausweichliche wirft, ist Ausgangspunkt dieses fiktionalisierten Porträts. Über sieben Jahre an Originalschauplätzen gedreht, erzählt Faruk die Geschichte eines alten Mannes, dem die Gentrifizierung den Plan vermasselt, seinen Lebensabend in Frieden zu verbringen. Die Darstellung der soziokulturellen Veränderungen Istanbuls ist dabei die Folie, vor der Aslı Özge die Verbindungen von Menschen zu ihrer Umwelt erforscht. Wie prägen uns Orte? Seit fast hundert Jahren geht Faruk durch die Straßen seines Viertels. Die intime Kamera Emre Erkans begleitet ihn, und das Sounddesign der urbanen Geräusche verbindet uns mit der Gedankenwelt Faruks. Die verschachtelte Konstruktion macht stets den metafiktionalen Charakter sichtbar. Wenn die Figur der Regisseurin ihrem Protagonisten die Kleidung richtet, sehen wir zugleich die Tochter, die den Vater zurechtweist. Sehr absichtlich verwischt Özge die Grenzen zwischen Realität und Fiktion in dem Versuch, die Wahrnehmung des Publikums auf subtile Weise zu verschieben.
In Kooperation mit Türkische Filmtage Dortmund

Aslı Özge
Aslı Özge wurde 1975 in Istanbul geboren und lebt seit 2000 in Berlin. Nach dem Studium in Istanbul und Berlin drehte sie Kurzfilme und einen Dokumentarfilm. Ihr Spielfilmdebüt Köprüdekiler feierte 2009 in Locarno Premiere und erhielt u. a. den Preis für den besten Film auf dem Istanbul Film Festival. Ihr erster deutschsprachiger Spielfilm Auf Einmal erhielt 2016 eine Special Mention des Label Europa Cinemas sowie den Fipresci-Preis der Berlinale. 2020 führte Özge Regie bei der ersten Staffel der Krimiserie Dunkelstadt. 2023 eröffnete das Drama Black Box die Sektion Neues Deutsches Kino beim Filmfest München und gewann den Preis für das beste Drehbuch beim Filmfestival Rom.
Filme von Aslı Özge
Black Box 2023, Auf Einmal 2016, Hayatboyu 2013, Köprüdekiler 2009, Hesperos’ Apprentices 2005, Ein bisschen April 2003, Capital C 2000
Preise für Faruk:
Fipresci Jury Award – Berlinale Panorama 2024
Best Film – Golden Palm & Spanish Distribution Award & Best Screenplay – Mostra De València 2024
Critics Choice Best Film – Festival Cinéma Méditerranéen de Tétouan 2024