Yours in Sisterhood

Yours in Sisterhood

Irene Lusztig

US
2018
Dokumentarfilm
101’
Fokus

Middletown, Connecticut: Ein junges Mädchen liest ein Gedicht vor. Etwas unsicher, holprig – es ist nicht ihr Text, sondern ein Teil eines Leserbriefes, den ein gleichaltriges Mädchen aus Middletown 1974 an das Ms. Magazine geschickt hat. Auf die Frage hin, ob sie mit dem Brief etwas anfangen könne, strafft sich ihre Körperhaltung: »Sowas zu lesen öffnet einem die Augen, weil einem dann klar wird, dass es eigentlich immer noch so ist«.

Als eine von 306 Frauen, die Irene Lusztig zwischen 2015 und 2017 beim Lesen und Kommentieren von Leserbriefen aus dem Archiv der ersten liberal-feministischen Zeitschrift Ms. gefilmt hat, fasst die Dreizehnjährige mit Marvelshirt zusammen, was Quintessenz der dokumentarischen Inszenierung ist: Der Blick ins Archiv führt in die Gegenwart. Dass dieser Dialog zwischen damals und heute ein höchst vielschichtiger ist, zeigt sich an den unterschiedlichen Reaktionen der Vortragenden. Mal wohlwollend, mal streitlustig kommentieren sie die Briefe, die von alltäglicher Diskriminierung im Job und zuhause, von vorgetäuschten Orgasmen, Schwangerschaftsabbrüchen und der Ignoranz der Gesellschaft gegenüber den Lebenswirklichkeiten von People of Colour und LGBT erzählen. Immer aber zollen sie den Schreiber*innen Respekt, dass sie den Mut hatten, ihre Stimmen zu erheben – Stimmen, die damals ungehört blieben, da bis auf einen keiner der vorgelesenen Briefe im Ms. Magazine veröffentlicht wurde.

Irene Lusztig ist es zu verdanken, dass diese Briefe rund 40 Jahre später über Reenactments ihren Weg in die Öffentlichkeit finden – als Mittel zur Reflektion, zur Identifikation und vor allem zur Ermutigung, eine »Schwester der Freiheit« zu bleiben. (MS)

Filmreihe Neue Archive

Regie / Buch / Bildgestaltung / Montage

Irene Lusztig

Sounddesign

Maile Colbert

Produktion

Komsomol Films, Irene Lusztig

Kontakt

arsenal distribution

Irene Lusztig

Die 1974 in Coventry, Großbritannien geborene Filmemacherin, bildende Künstlerin und Archivforscherin nutzt für ihre Film- und Videoarbeiten oftmals Archivmaterial, um vergessene und negierte Geschichte(n) sichtbar zu machen und über persönliche und kollektive Erinnerung zu reflektieren. Viele ihrer aktuellen Arbeiten thematisieren die Geschichten von Frauen und Frauenkörpern, so u.a. ihr Debütfilm Reconstruction, der Essayfilm The Motherhood Archives sowie das Internetprojekt Worry Box Project. Ihre Arbeiten wurden u. a. auf der Berlinale, im MoMa und auf dem IDFA Amsterdam gezeigt.


Filme von Irene Lusztig
Yours in Sisterhood 2018 | The Motherhood Archives 2013 | The Samantha Smith Project 2005 | Reconstruction 2001 | For Beijing with Love and Squalor 1997