Warum ist Frau B. glücklich?
Erika Runge
»Unser Wirtschaftswunder ist vor unserer Tür stehen geblieben in Bezug auf unser Treppenhaus.«
– Maria B. aus Duisburg-Beeckerwerth
In diesem Film erzählt Maria B. ihre Geschichte, die Geschichte einer Bergarbeiterfrau im Ruhrgebiet, die gleichzeitig die Geschichte von vierzig Jahren Arbeiterleben in Deutschland umfasst.
1928 Heirat. Verheiratet sein, eine Wohnung finden und Mutter werden, scheinen ihr das größte Glück. Doch der Mann wird arbeitslos, Hunger, Elend und Ausweglosigkeit gefährden ihre Hoffnungen. 1933 Machtübernahme der Nazis. Die alten Träume scheinen Wirklichkeit werden zu können: Es gibt wieder Arbeit, ein bescheidener Wohlstand zieht ein. Meldungen über Verhaftungen will Maria B. nicht wahrhaben, die Meinung ihres Mannes, dass es zu einem Krieg kommen könne, lehnt sie ab. Ihr kleines Glück soll durch nichts in Frage gestellt werden. 1939 erste Anzeichen einer Bergarbeiterkrankheit bei ihrem Mann, er verdient fast nichts – und Maria B. erwartet ihr drittes Kind. Hier – zum ersten Mal – bekommt sie eine neue Vorstellung von dem, was Glück sein kann. Kollegen des Mannes helfen aus: Sie erlebt Glück durch Solidarität.
Nach dem Krieg begreift sie, was für ein Glück es bedeutet, für andere einzutreten, selber Solidarität leisten zu können. Die Bergarbeiterfrauen ziehen zur Zeche, weil der Lohn ausbleibt, und Maria B. steigt auf den Tisch: Sie stellt Forderungen für alle. Der Mann stirbt, einer der Söhne verunglückt tödlich, Maria B., von den Kumpeln »Mutter« genannt, arbeitet als Putzfrau in einem Bergarbeiterwohnheim. Doch 1968, im Zusammenhang mit der ersten großen Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit, werden Zechen stillgelegt, Wohnheime geschlossen. Nun ist Maria B. selbst arbeitslos …
– Erika Runge in Frauenfilmbuch der Demokratischen Fraueninitiative München, 1978
In Kooperation mit dem WDR und der Kinemathek im Ruhrgebiet.
Filmreihe Ruhr Lokal: Wer Ruhrgebiet sagt, sagt auch Arbeit
Erika Runge
Erika Runge, geboren 1939, gehörte zu der ersten Generation von politischen Filmemacherinnnen in der BRD, war aber auch als Schriftstellerin tätig. »Das Ergebnis einer Familienstrategie, die das ›Abrutschen‹ der bürgerlichen Tochter auf die Filmebene verhindern sollte.« Philologisches Studium und Promotion. 1960 fing sie an, autodidaktisch Filme zu machen. Sie arbeitete als freie Autorin fürs Fernsehen, heute lebt sie als Psychotherapeutin in Berlin.
Filme von Erika Runge
Opa Schulz 1975 | Ich bin Bürger der DDR 1973 | Ich heiße Erwin und bin 17 Jahre 1970 | Frauen an der Spitze 1969 | Soll eine Frau so viel verdienen wie ein Mann? 1966