Waiting for August
Teodora Ana Mihai
»Ich habe den Film gemacht, weil ich dachte, die Geschichte würde sich wiederholen. Meine Eltern verließen das Land aus politischen Gründen. Heute verlassen Eltern es aus ökonomischen. Aber die Kinder bleiben immer noch zurück. Ich dachte, es sei an der Zeit, das zu erzählen. Es ist die Geschichte von so vielen Familien. Ich kenne nicht eine rumänische Familie, die nicht jemanden im Ausland hat. Irgendjemand ist immer irgendwo anders und schickt Geld nach Hause. Es kann diese Familien zerstören, und das ist einfach unglaublich traurig.«
– Teodora Ana Mihai
Georgiana wird diesen Winter 15 und ist das neue Oberhaupt bei den Halmacs. Gemeinsam mit ihren sechs Geschwistern lebt sie in einer Sozialwohnung am Rande von Bacău, Rumänien. Die Mutter ist in Turin, um als Altenpflegerin eines wohlhabenden Ehepaars den Unterhalt zu verdienen. Vor dem Sommer wird sie nicht zurück sein. Georgiana ist nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Geschwister verantwortlich. Doch sie selbst begreift sich nicht als Opfer und improvisiert frei heraus den Alltag der Familie. Hilfestellungen gibt es nur durch regelmäßige Telefonate mit ihrer Mutter, in denen gelegentlich die Sehnsucht nach einer normalen, behüteten Kindheit aufblitzt.
Klug entscheidet die Regisseurin, den Film mit einem dieser Telefonate zwischen Mutter und Kindern zu eröffnen: Schnell lässt sich in jedem von ihnen ein faszinierender Charakter entdecken, dem man gerne durch seinen quirligen Alltag folgt. Teodora Ana Mihai gelingt es, das intime Familienleben scheinbar unbemerkt zu begleiten und ein präzises Porträt der sieben Geschwister zu zeichnen. Der Zuschauer ist hin- und hergerissen zwischen der Faszination für den Einfallsreichtum der Kinder und dem Mitgefühl für ihren prekären Alltag.
Filmreihe Broken Landscapes
Auszeichnungen für ›Waiting for August‹
Best International Feature, HotDocs 2014 | Best Documentary, Karlovy Vary 2014 | Special Mention, Vision du Réel
Teodora Ana Mihai
Waiting for August ist das Debüt der 33-jährigen rumänischen Regisseurin Teodora Ana Mihai, die seit dem achten Lebensjahr in Belgien lebt, wo ihre Eltern zu Zeiten des rumänischen Diktators Ceaușescu politisches Asyl fanden. Dort kümmerte sie sich seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr um ihren zehn Jahre jüngeren Bruder. Sie studierte Film in den USA, wohin ein Teil ihrer Familie geflüchtet war. Anschließend kehrte sie nach Belgien zurück, um dort als Drehbuchautorin und Co-Regisseurin für das Fernsehen zu arbeiten.