The Priestess Walks Alone
Hui-chen Huang
Anu ist ein Tomboy. Zwar wurde sie, wie im Taiwan der 1970er Jahre üblich, früh verheiratet und bekam zwei Kinder, trennte sich jedoch bald von ihrem gewalttätigen Mann und zog die Töchter allein auf. Seitdem hat sie ausschließlich Beziehungen zu Frauen. Als Seelenbegleiterin verdient sie mit einem eigenen Team ihren Lebensunterhalt bei Beerdigungen. In diesem Setting aufgewachsen ist ihre Tochter, die Filmemacherin Hui-chen Huang. Zweifel an der Bedingungslosigkeit von Mutterliebe sind in der chinesischen Kultur tabu, doch genau die macht Huang zum Thema des intimen Porträts. Sie konfrontiert Anu mit Fragen, die sie seit Jahren quälen. In langen Einstellungen werden Themen wie Vertrauen, Missbrauch und Mitwisserschaft behandelt, sie münden jedoch fast immer in einer schmerzhaften Sprachlosigkeit. Die Konfrontation gipfelt in einer Situation am Esstisch, wo alle Familiengeheimnisse im wahrsten Sinne des Wortes auf den Tisch kommen.
Prästentiert von Landesarbeitesgemeinschaft Lesben in NRW
Filmreihe Innere Migration
Hui-chen Huang
Die 1978 in Taiwan geborene Hui-chen Huang begann im Alter von sechs Jahren, mit ihrer Mutter bei taoistischen Bestattungen mitzuarbeiten. In der dritten Klasse musste sie aus finanziellen Gründen die Schule verlassen; Lesen und Schreiben lernte sie aus Comics und aus dem Fernsehen. Seit sie zwanzig ist, setzt sie sich als Aktivistin für Arbeiterorganisationen und Gewerkschaften ein, u. a. mit Dokumentarfilmen über die Nöte von taiwanesischen und migrantischen Arbeiter*innen, die weltweit auf zahlreichen Festivals gezeigt wurden.
Filme von Hui-chen Huang
Small Talk 2016 | Uchan Is Going Home 2009 | Hospital Wing 8 East 2006