Lange Weile

Lange Weile

Tina Bara

DE
2016
Experimentalfilm
62’
OF
2020

»Mich interessiert die Form erst, wenn alles andere da ist. Das Widersprüchliche. Spannung. Anspannung. Die Schönheit im Brüchigen. Das Trotzige. Momente dazwischen. Auflösung. Loslassen.« –Tina Bara

Aus über 400 Schwarz-Weiß-Fotografien, die in den Jahren 1983–1989 in der Spätphase der DDR entstanden sind, montiert Tina Bara einen Fotofilm. Ihr Kommentar reflektiert den Prozess des Erinnerns, ist eine Erzählung von Begegnung und Verlust sowie einer zunehmenden Befremdung, die dazu führt, dass sie 1989 in den Westen geht. Aufgewachsen ist Tina Bara in Guben, das durch die Neiße geteilt auf ostdeutschem und polnischem Boden liegt. Der Riss, die Verwundung, die Narbe − das werden Motive, die ihre Fotografien fortan prägen. Sie geht 1980 nach Ostberlin und studiert Geschichte. Ihre Gegenwart aber ist das Leben im Prenzlauer Berg, wo sich in den besetzten Wohnungen, auf den Hinterhöfen und Dächern Träumer und Aussteiger ihre Refugien schaffen. Aus Schlagschatten tauchen die zarten Gesichter ihrer Freund*innen auf. Dominiert in den ersten Serien noch die Inszenierung, so zeigt sich zunehmend Nacktheit als Notwehr, jenseits kollektiver Züchtigungen.

Die Porträtierten sind jung, und doch erspürt Tina Baras Kamera ihre frühen Verletzungen. Die Körper auf ihren Bildern sind fragmentiert, ineinander verkeilt. Im Text benennt sie unerbittlich die Konsequenzen: Depression, Selbstmord, Ausreise. Der Film kennt aber auch die kleinen Fluchten: Illegale Reisen ins Baltikum oder die unbeschwerten Landpartien in die Uckermark. Stillstand und Bewegung paaren sich zu ungeheurer Intensität, die das Schöne und zugleich Verzweifelte jener Tage dokumentieren. –Cornelia Klauß

In Kooperation mit der SK Stiftung und der KHM 

Regie / Buch / Bildgestaltung / Montage / Ton / Produktion / Kontakt

Tina Bara

Tina Bara

Die Künstlerin und Fotografin Tina Bara, geboren 1962 in Kleinmachnow, arbeitete freiberuflich als Fotografin, unter anderem für das DEFA Studio für Dokumentarfilme, für das sie etwa den Dokumentarfilm flüstern & SCHREIEN fotografisch begleitete, der von alternativer Musikkultur in der DDR handelte. Ende der 1980er Jahre machte sie eine Weiterbildung im Videobereich und arbeitete an dokumentarischen Videofilmprojekten mit. Seit 1993 ist sie Professorin für Fotografie an der HGB Leipzig.


Filme von Tina Bara (Auswahl)
Einschüsse (Ukraine) mit Joerg Waehner 2017 | Lost in Libken 2017 | Spontaneous Frameworks (Tbilisi) 2014 | Bianca läuft… 2013 | Audienzen – Strategien der Selbstbehauptung mit Barbara Metselaar 2006/2007 | Kunstwerke 36 mit Alba D’Urbano 2004/2005