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Berlin – Prenzlauer Berg. Begegnungen zwischen dem 1. Mai und dem 1. Juli 1990

Petra Tschörtner

DE
1990
Dokumentarfilm
75’

»… jetzt werden wir fertig gemacht vom Westen, so sieht es aus. Kinners, der eine ist dagegen, der andere ist dafür, wir wünschen uns alle noch mal die Mauer, pass mal uff, das kommt noch mal, hoffentlich. Betrogen hat uns der Staat sowieso, werden wir vom zweiten auch noch beschissen, macht doch gar nichts…«

Ein wehmütiger dokumentarischer Abgesang auf den − für Alternativkultur bekannten Kiez − Prenzlauer Berg. Die Beobachtungen während der letzten beiden Monate vor der Währungsunion führen Petra Tschörtner zu Hausbesetzern, einer Eckkneipe, alternativen Treffs und Szeneclubs, zu Konnopkes Imbiss und dem Kaufhaus GEWA. Die Band Herbst in Peking spielt auf dem ehemaligen Mauerstreifen, der Piratensender Sender P geht auf Empfang, auf einer Demo im Mai werden Forderungen aufgestellt, an die sich kaum jemand erinnert.
Noch ist dieser schillernde Freiraum erlebbar, aber die Veränderungen sind schon spürbar. Neonazi-Angriffe und Textilarbeiterinnen, die erklären, warum die vietnamesischen Kolleginnen jetzt als erste entlassen werden, zeugen von der sich wandelnden Stimmung.

Wie zum Abschied singt Jochen Wisotzki mit verzerrter Stimme das Pionierlied »Unsere Heimat«. Dann verkündet die Tagesschau am Vorabend der Währungsunion: »Der kurze Sommer der Anarchie ist vorbei […]. Am Alex herrscht von nun an die Deutsche Mark.« –Hilde Hoffmann

Regie

Petra Tschörtner

Buch

Petra Tschörtner, Jochen Wisotzki

Bildgestaltung

Michael Lösche

Montage

Angelika Arnold

Ton

Uve Haußig, Ulrich Fengler

Produktion

Fritz Hartthaler, DEFA-Studio für Dokumentarfilme

Kontakt

Deutsche Kinemathek – DEFA Filmverleih

Petra Tschörtner

Die Dokumentarfilm-Regisseurin Petra Tschörtner war neben Helke Misselwitz und Sibylle Schönemann eine der wichtigsten Filmemacherinnen der letzten DEFA-Generation. Sie studierte von 1978-1983 an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. 1978 dreht sie zusammen mit Angelika Andrees ihren ersten Dokumentarfilm Heim, der jedoch aufgrund der brisanten Thematik – die Heimkinder darin erzählen z. B. von Gewalterfahrungen und Alkoholproblemen zu Hause – keine Zulassung erhält und erst 1990 bei den Kurzfilmtagen Oberhausen aufgeführt wird. Ihre sensiblen Beobachtungen zeichnen ihre Filme aus. Sie verstarb 2012 in Berlin.


Filme von Petra Tschörtner (Auswahl)
Ruanda – Langsam vergesse ich 1995 | Marmor, Stein und Eisen 1994 | Unsere alten Tage 1989 | Schnelles Glück 1989 | Unterwegs in Nikaragua – Eine filmische Reisebeschreibung für Kinder 1987 | Der Zirkus kommt | Hinter den Fenstern 1983 | Heim 1978