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Festival-Eröffnungsfilm 2025: »Die Möllner Briefe«
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Die 42. Festivalausgabe des IFFF Dortmund+Köln wird mit dem Dokumentarfilm Die Möllner Briefe von Martina Priessner eröffnet.
Deutschland 1992: Rostock-Lichtenhagen im August, Mölln im November. Solingen und Lübeck werden folgen. Rechtsextreme Anschläge beherrschen das wiedervereinte Land, das doch so tief zerrissen bleibt. In Mölln brennen die Wohnhäuser zweier türkischer Familien. Drei Menschen sterben, es gibt viele Verletzte. 30 Jahre sind vergangen – und in Mölln erfährt Ībrahim Arslan von Briefen, wegsortiert in einem Archiv. Es sind Briefe aus der Bevölkerung, die direkt nach den Anschlägen an die betroffenen Familien gerichtet waren, aber dort nie ankommen sollten. Der Film zeigt die Fallstricke von Archivarbeit auf und die Kehrseite des aktuellen archival turns – denn hinter jeder Ordnung herrschen Machtstrukturen.
Martina Priessner begleitet die Geschwister Arslan, aber auch andere Überlebende und gibt damit denen eine Stimme, die viel zu lange nicht gehört wurden. Ihre Kamera wird zu einer Geste der Solidarität: Traumata, die sich in Körper eingeschrieben haben, werden sichtbar. Dadurch zeigt sich, dass rechtsextreme Gewalttaten überdauern – während sie von den Titelseiten verschwinden, schneiden sie sich massiv in Lebenswege ein. Dort wo eine gegenwärtige Gesellschaft wieder nach einer Kultur des Erinnerns sucht, hat Priessner sie gefunden: Ihr Dokumentarfilm zeigt Menschen, die in den Dialog treten, die nicht aufhören an hermetische Behörden Fragen zu richten. Dabei unterteilt der Film nie in Gut und Böse – sondern schafft einen Raum, in dem sich Archivare selbst entlarven und ein gemeinschaftlicher Archivbesuch als Rückeroberung der eigenen Geschichte in Erinnerung bleiben wird. (Vivien Buchhorn)
Die Möllner Briefe wird im Februar bei der 75. Berlinale uraufgeführt. Danach präsentiert das IFFF Dortmund+Köln die NRW-Festivalpremiere mit zahlreichen Gästen am 1. April im CineStar Dortmund. Der Film ist Teil des Panorama, der Sektion für Dokumentar- und Experimentalfilme.
Martina Priessner arbeitet als freie Filmemacherin und Autorin in Berlin. Ihr Dokumentarfilmdebüt Wir sitzen im Süden wurde 2010 im deutschen Wettbewerb von DOK Leipzig uraufgeführt und war 2011 für den Grimme-Preis nominiert. Während eines fünfjährigen Aufenthalts in Istanbul entstand 2013 der Found-Footage-Film Everyday I’m Capuling, der sich mit den Gezi-Park-Protesten in Istanbul beschäftigt. Als IPC-Mercator-Stipendiatin produzierte sie 2015 in Istanbul den Film 650 Wörter, der sich mit Migration und Sprache auseinandersetzt. Ihr Dokumentarfilm Die Wächterin feierte 2020 Premiere im Deutschen Wettbewerb bei DOK Leipzig und wurde mit dem Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts ausgezeichnet.
Das Kölner Migrationsarchiv DOMiD bewahrt aktuell das Konvulut der Möllner Briefe. Eine Auswahl wird in der Dauerausstellung des Museums Selma gezeigt werden. DOMiD eröffnet das bundesweite Migrationsmuseum 2029 in Köln.